Die Tinktur des Todes
Eine Freundin von Raven stirbt und er lässt sie zurück, um sein neues, vielversprechendes Leben unter einem renommierten Arzt zu beginnen. Doch der Tod lässt ihn nicht los und andere Altlasten gefährden Ravens Zukunft.
Buchinformationen
Author | Ambrose Parry |
Übersetzer:in | Hannes Meyer |
Bandnummer | 1 |
Verlag | Piper |
Erscheinungstermin | 2022-04-28 |
ISBN | 978-3492307482 |
Original Titel | The Way of all Flesh |
Erschienen als | E-Book, Taschenbuch, Hörbuch |
Gelesen als | E-Book |
Bewertung |
Klappentext
1847: Eine brutale Mordserie an jungen Frauen erschüttert Edinburgh. Alle Opfer sind auf dieselbe grausame Weise gestorben. Zur gleichen Zeit tritt der Medizinstudent Will Raven seine Stelle bei dem brillanten und renommierten Geburtshelfer Dr. Simpson an, in dessen Haus regelmäßig bahnbrechende Experimente mit neu entdeckten Betäubungsmitteln stattfinden. Hier trifft Will auf das wissbegierige Hausmädchen Sarah, die jedoch einen großen Bogen um ihn macht und rasch erkennt, dass er ein dunkles Geheimnis mit sich herumträgt. Beide haben ganz persönliche Motive, die Morde aufklären zu wollen. Ihre Ermittlungen führen sie in die dunkelsten Ecken von Edinburghs Unterwelt und nur, wenn es ihnen gelingt, ihre gegenseitige Abneigung zu überwinden, haben sie eine Chance, lebend wieder herauszufinden.
Die Handlung kurz erklärt
Raven findet seine Freundin Evie tot in ihrem Zimmer auf. Zwar kommt ihm die ganze Szenerie sehr komisch vor, aber er kann die Gefahr nicht eingehen, als potenzieller Mörder gebrandmarkt zu werden und haut ab. Doch Evie lässt ihn auf verschiedenste Art nicht los, denn für sie hat er sich verschuldet und wird prompt bedroht und gezeichnet, weil die Zahlungsfrist sich verändert hat.
Und das alles passiert in der Nacht vor der großen Veränderung. Denn am nächsten Tag tritt er seine neue Stelle als Famulus bei Dr. Simpson an, ein Geburtshelfer mit viel Prestige und dem Ehrgeiz, ein neues Anästhetikum zu finden und wenn er dabei sein eigenes Leben aufs Spiel setzt – seis drum.
Und dann hätten wir da noch Sarah, Hausmädchen im Hause Simpson und mit Leidenschaft dabei, bei der Sprechstunde zu unterstützen. Und Sarah weiß, wovon sie redet und was sie tut. Mal ganz davon abgesehen, dass sie viel lieber selbst Medizin studieren würde oder eine Lehre in der Apotheke beginnen würde. Warum sollte sie als Frau auch nicht mehr tun dürfen als Hausmädchen zu spielen? Die Gesellschaft ist da nur leider anderer Meinung.
Sarah und Raven verstehen sich von Anfang an nicht gerade blendend, aber wenn es um fragwürdige Mordfälle an Frauen geht, die sonst keinen zu interessieren scheinen, kann man auch mal zusammenarbeiten, um den Täter zu finden.
Meine Eindrücke
Handlung & Stil
Ich weiß nicht, was ich mir erwartet habe, als ich dieses Buch angefangen habe zu lesen. Auf jeden Fall setzt der Anfang gut den Ton für den Rest des Buches. Gut, vielleicht wird es später nochmal ein bisschen schlimmer.
Zwar hatte ich einen Krimi erwartet, aber dieser ließ dann doch etwas auf sich warten. Klar, es gab Tote, aber aktiv hat Raven erst später angefangen, Fragen zu stellen oder gar zu ermitteln. Ein Großteil des Buchs befasst sich eher mit seinen neuen Aufgaben und vor allem jeder Menge Geburten, die nicht immer gut ausgehen. Und ich möchte hier tatsächlich hervorheben, dass teilweise (meiner Meinung nach) recht explizit über Prozeduren beschrieben werden, die den Kindstod herbeiführen, um die Mutter zu retten. Das sind Themen, denen man sich bewusst sein sollte, bevor man zu dem Buch greift.
Auch Sarahs Alltag wird teilweise sehr kleinteilig beschrieben und ich hab mir mehrmals die Frage gestellt, was davon jetzt wirklich plotrelevant ist beziehungsweise ob diese Szenen einen Sinn haben, den man erst später erkennt. Und ja, das haben die meisten tatsächlich. Aber bis man zu dem Punkt kommt, an dem alle Steinchen an ihren Platz fallen, war es schon ein bisschen zäh.
Tatsächlich hat es mir aber dann doch relativ schnell Spaß gemacht, an den Rätseln, die aufgeworfen werden, teilzunehmen. Und dafür gibt es tatsächlich neben den Morden noch ein, zwei andere, mit denen man sich befassen kann.
Im Endeffekt hat das Buch dahingehend sehr Spaß gemacht, auch wenn Hinweise & Co eher spärlich gesät sind und man manchmal das Gefühl hat, den Protagonisten mehrere Schritte voraus zu sein.
Positiv überrascht hat mich aber vor allem der Still. Ich bin bei historischen Büchern immer etwas vorsichtig, weil ich mit dem Stil in diesem breit gefächerten Genre oft nicht so viel anfangen kann. “Die Tinktur des Todes” war aber sehr angenehm zu lesen, der Stil war nicht blumig aber auch nicht komplett schnörkellos, das einzige was mich manchmal etwas herausgerissen hat, waren Wortwahlen, aber damit konnte ich gut leben.
Die Charaktere
Ich wusste lange Zeit nicht, was ich von Raven halten soll. Selbst nach beenden des Buches weiß ich das nicht so recht. Er wirkt manchmal recht sprunghaft in seinen Einstellungen, vor allem wenn es um Frauen geht. Wenn man seinen Hintergrund besser kennt, versteht man das dann wieder besser und sieht eine gewisse Konsequenz bei ihm.
Schade fand ich, dass man so wenig darüber erfährt, wie er zur Medizin gekommen ist und gerade auch die Geburtshilfe. Er wirkt dahingehend auch einfach leidenschaftslos und mehr als “ich will einen guten Job und viel Geld” kommt dabei gefühlt auch nicht rum. Was legitime Gründe sind, aber irgendwie fehlt mir da trotzdem ein bisschen was.
Auf der anderen Seite hätten wir da Sarah, die mehr Leidenschaft für die Themen aufbringt als Raven, aber aufgrund ihres Geschlechts wohl nur als Hausmädchen arbeiten kann. Dabei sehen wir im Laufe des Buchs Frauen, die andere Berufe als Dienerschaft und Ehefrau haben. Wenn Sarah sich doch für medizinische Themen interessiert, warum hat sie dann nie versucht in die Pflege zu gehen? Oder als Hebamme zu arbeiten? Was hindert sie daran? Bestimmt gibt es dafür gute Gründe wie beispielsweise Geld, gesellschaftlicher Stand etc. aber das wird leider nie thematisiert. Sarah möchte ja kein Hausmädchen sein und hilft gerne in der Sprechstunde und sinniert lang und breit über ihren Platz in der Gesellschaft und wie unfair das doch alles ist. Sie unternimmt jedoch bis auf einmal nicht wirklich etwas dagegen und es wird auch nie thematisiert, warum das so ist. Das hat mir hier einfach gefehlt und nimmt ihren Monologen darüber, wie unfair doch alles ist, das Gewicht.
Und die beiden zusammen … das war am Anfang eine explosive Mischung und ich konnte das nicht wirklich nachvollziehen. Bis auf einen Zwischenfall gab es nie Momente, die ihre feindselige Haltung einander erklären würden. Und bereits vor diesem Zwischenfall schien die Atmosphäre zwischen den beiden nicht blendend.
Aber als sie dann anfangen gemeinsam zu arbeiten, ist die Antipathie schnell vergessen, für mich auch ehrlich zu schnell. Und wenn wir dann schon bei "zu schnell” sind: Die Gefühle, die die beiden auf einmal füreinander empfinden sollen, kamen auch aus dem Nichts. Eine Szene und wir stecken mitten in einer Liebesgeschichte. Warum? Warum ist es nicht möglich, dass ein Mann und eine Frau in einem Krimi einfach nur Partner sein können? Warum müssen da Gefühle ins Spiel kommen, die meiner Meinung nach einfach nicht gepasst haben? Es ist nicht so, als würde die Liebesgeschichte zwischen den beiden viel Raum bekommen, was das ganze aber auch nicht verbessert. Ich verstehe einfach nicht, warum man das nicht einfach hätte weglassen können oder zumindest auf einen späteren Zeitpunkt verschieben konnte.
Fazit
Ich hatte meinen Spaß mit “Die Tinktur des Todes” und gerade gegen Ende konnte ich das Buch eigentlich nicht mehr weglegen. Als langsam alles einen Sinn ergeben hat und die Auflösung empfand ich als sehr befriedigend.
Als Krimi hat das Buch zum Ende hin gut funktioniert und auch die medizinischen Themen fand ich eigentlich doch ganz interessant.
Bleibt nur noch ein Punkt. Ich hab das Gefühl, dieses Buch auch aus “feministischer Sicht” bewerten zu müssen, aber ich muss ganz ehrlich sagen: Das kann ich nicht. Das Buch zeigt Ansätze, die Rolle der Frau zu hinterfragen und geht teilweise auch aktiv gegen Normen vor, aber … reicht das? Ich weiß es nicht.