Die Magierin

Vor über tausend Jahren wurde die Welt von Drachen fast zerstört. Jetzt drohen sie zurück zu kommen. Doch auch die Intrigen bedrohen die Weltordnung, wie sie bis jetzt geherrscht hat.

Sollte Königin Sabran von Inys kinderlos sterben, werden die Drachen zurückkehren. Denn ihre Familie ist das einzige Hindernis, das die Bestien zurückhält. Doch Auftragsmörder kommen ihr immer näher. Zu ihrem Glück ist ihre Zofe Ead in Wahrheit eine Magierin vom Orden des geheimen Baumes, die sie beschützt.

Zur gleichen Zeit in dem weit im Osten liegenden Reich Seiiki, wo Drachen wie Götter verehrt werden, rettet eine junge Drachenreiterin einem Schiffbrüchigen das Leben – und verdammt sich damit selbst.

Die Handlung kurz erklärt

Wir folgen im ersten Band von “Der Orden des geheimen Baumes” vier Perspektiven durch eine fiktive Welt. Grob werden die POVs eingeteilt in “Osten” und “Westen” mit jeweils zwei Perspektiven.

Im Westen ist Ead Kammerzofe am Hofe der Königin Sabran. Undercover beschützt sie die Königin vor Attentätern, die sich allzu oft in den Palast verirren. Dabei helfen ihr ihre magischen Fähigkeiten. Doch so lange getrennt von der Quelle ihrer Magie sinkt ihre Kraft immer mehr. Wäre das für ihre Mission nicht schlimm genug, helfen ihr ihre Kräfte auch nichts gegen die Intrigen am Hof, die die Königin und ihr Volk bedrohen.

Loth wurde unter falschen Tatsachen und in einer Nacht und Nebel Aktion vom Hof der Königin und in ein Land geschickt, dass Königin Sabran und ihr Königinnenreich Inys bedroht. In Yscalin soll er herausfinden, was mit Sabrans Vater passiert ist und hoffentlich auch noch den Mord an der ehemaligen Königin aufklären.

Im Osten trainiert Tané seit Jahren, um Teil der Hochseewacht und vielleicht sogar Drachenreiterin zu werden. Anders als der Westen verehrt der Osten Drachen als Götter. Kurz vor der ersten entscheidenden Zeremonie schwemmt ihr das Meer einen Fremden vor die Füße. Was aus mehreren Gründen problematisch ist. Am wichtigsten ist jedoch, dass die Einreise von Fremden im Großen und Ganzen verboten ist. Eigentlich müsste Tané ihn deswegen melden, doch das könnte Konsequenzen für ihre weitere Laufbahn haben. Also entschließt sie sich ihn zu verstecken und geht damit nur das Risiko ein, ihre komplette Zukunft zu zerstören.

Niclays lebt auf Seiiki in Verbannung, unterrichtet Anatomie und forscht mit voller Leidenschaft daran, ein Mittel für die Unsterblichkeit zu finden. Als ihm ein Fremder ins Haus gesetzt wird, könnte das auch seine Existenz bedrohen. Aber die Verbindungen zwischen ihm und dem Fremden sind lose, aber da, und erinnern Niclays an eine andere Zeit. An eine Zeit, in der er noch glücklicher war. Und wenn wir schon dabei sind, warum die Situation nicht einfach für sich ausnutzen?

Meine Eindrücke

Einstieg & Handlung

Man hats vielleicht schon bemerkt, aber die Handlung ist alles andere als einfach kurz zusammenzufassen. Und das, obwohl “Der Orden des geheimen Baumes” im Deutschen in zwei geteilt wurde und “Die Magierin” somit nur die Hälfte der Handlung umfasst, die das Original hat. Wir steigen direkt in einen sehr komplexen Roman ein und müssen uns erst einmal akklimatisieren. Die Sprünge durch die Perspektiven, Länder und Himmelsrichtungen helfen gerade am Anfang wenig dabei, aus allem schlau zu werden. Aber das ist nichts ungewöhnliches für High Fantasy und hat man das Worldbuilding erst einmal durchschaut, kann man sich wunderbar in die Geschichte fallen lassen.

Am interessantesten ist wohl Eads Perspektive und ich glaube auch, dass sie am meisten Screentime im Buch hat. Durch sie erlangen wir nicht nur sehr viele Einblicke in den Königshof, die Geschichte und Magie der Welt, sondern erleben durch Ead auch wirklich das Voranschreiten der Handlung.

Loth, Tané und Niclays Handlungen sind teilweise auch sehr spannend und bringen Licht ins Dunkel, aber so wirklich bewegen tut sich der Plot nur bei Ead. Somit ist es ziemlich offensichtlich, dass wir es hier nicht mit vier gleichwertigen Perspektiven zutun haben, sondern Ead eindeutig die Hauptprotagonistin ist.

Charaktere

Das Ead die Hauptperson ist, ist aber wirklich keine schlechte Entscheidung. Sie ist ein spannender und faszinierender Charakter. Schleichend haben sich ihre Prioritäten geändert – und vielleicht auch ihre Loyalität. Darüber hinaus ist sie eine sehr intelligente und starke Frau, der man als Wyrm oder Verschwörer nachts nicht begegnen möchte.

Niclays ist ein starker supporting character. Seine Entscheidungen machen ihn nicht immer zum Sympathieträger, aber er ist konsequent und sehr nachvollziehbar in dem, was er tut. So ganz in Fahrt kann seine Handlung in diesem Band leider nicht kommen – aber ich habe große Hoffnungen für die Fortsetzung.

Loth auf der anderen Seite ist ein Unschuldslamm, wenn wir ihn mit den anderen vieren vergleichen. Von Anfang an hat man wenig Hoffnung, dass er in Yscalin lange durchhält. Dementsprechend stieg der Puls beim Lesen, je näher er seinem Ziel kam. Ganz getreu dem Motto: Das kann doch nur schief gehen. Ich bin mir bei ihm noch nicht so ganz sicher, was ich charakterlich von ihm halten soll, aber seine Perspektive hat auf jeden Fall für ein paar Adrenalinschübe gesorgt.

Und dann wäre da Tané. Tané, die von allen wahrscheinlich am wenigsten vorkam und auch am blassesten blieb. Ihre Perspektive wirkte sehr distanziert und so richtig einschätzen konnte ich sie nie. Sie arbeitet hart und versucht immer höflich und ehrenhaft zu sein bis ihr schließlich alles auf die Füße fällt. Von ihr erhoffe ich mir mehr in Band 2.

Worldbuilding & Stil

Das Worldbuilding ist wie die Handlung, wenn sie sich mal entfaltet, komplex. Wir haben verschiedene Länder mit Herrscher*innen und jede Menge Backstory, Religionen, Sagen und historischen Personen. Wie bei solchen Settings üblich, muss man sich jede Menge Namen merken, um mitzukommen. Ein Plus ist hierbei jedoch, dass die Länder alle an Länder aus unserer Welt angelehnt sind. Zwar nur lose, aber das schlägt sich teilweise in der Namensgebung wieder was es einfacher macht, zwischen den Ländern zu unterscheiden. Bei Orten helfen die Karten im Buch, bei denen man einfach nachschauen kann, wo sich was befindet.

Darüber hinaus ist das Worldbuilding bis jetzt nicht besonders komplex. Aber das Magiesystem könnte noch sehr interessant werden, wir wissen aktuell nur leider viel zu wenig darüber. Aber auch das sollte sich hoffentlich mit der Fortsetzung erledigen.

Der Stil an sich ist sehr distanziert und klar. Jedes Wort wirkt bewusst gesetzt und trägt einen durch die Seiten. Der Stil ist jedoch nicht hilfreich dabei, eine starke Verbindungen zu den Figuren aufzubauen, da er Innenleben und Gedanken nur sehr grob beschreibt, je nachdem, welcher Perspektive man folgt. Vor allem Tané leidet unter diesem Stil, bei dem die Distanz besonders ausgeprägt wirkt.

Fazit

Wenn man High Fantasy mag, sich gerne in neue Welten einfindet und eine gute Intrige am Königshof zu schätzen weiß, wird hier bestimmt auf seine Kosten kommen. “Der Orden des geheimen Baumes” entführt in eine wunderbare Welt voller Magie und Drachen. Und wenn Drachen kein Kaufargument sind, dann weiß ich auch nicht mehr.

Selten kann mich ein Buch so sehr packen, dass ich es kaum erwarten kann, weiterzulesen. Ich habe regelrecht an den Seiten geklebt und je näher es dem Ende zuging, desto mehr Schlafentzug konnte ich in Kauf nehmen.

Hervorheben möchte ich auch an dieser Stelle noch die Diversität. Wir haben Figuren mit verschiedenen Hautfarben und Kulturen. Aber auch Nicht-Heterosexuelle Charaktere bekommen Stimmen und obwohl wir uns in einer vom Mittelalter inspirierten Welt befinden, sehen wir viele starke Frauenfiguren. Auch in Machtpositionen. Ich kann nicht betonen, wie entspannend ich es fand, einmal nicht bangen zu müssen, im nächsten Satz irgendwas diskriminierendes Lesen zu müssen. Es ist trotzdem nicht alles perfekt und hundertprozentig gleichberechtigt, das sieht man allein an den Reibungspunkten der Religionen. Aber um Welten besser als das, was man sonst aus der High Fantasy gewohnt ist. Aber ansonsten? Wunderbar. So mag ich meine Fantasy.