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Die geheime Geschichte

Veröffentlicht am 25/04/2024

Sechs junge Studenten von Altgriechisch und der Klassik verstricken sich in ihrer eigenen Schuld und ihren eigenen Geheimnissen. Bis der einzige Ausweg nur noch Mord zu sein scheint.

 

Die geheime Geschichte

Buchinformationen

AuthorDonna Tartt
Übersetzer:inRainer Schmidt
VerlagGoldmann
Erscheinungstermin2017-10-16
ISBN978-3442487332
Original TitelThe Secret History
Erschienen alsE-Book, Taschenbuch, Hardcover, Hörbuch
Gelesen alsTaschenbuch
Bewertung

Klappentext

Richard Papen stammt aus einfachen Verhältnissen. Als er aufgrund eines Stipendiums das College besuchen kann, ist er gleich fasziniert von der ihm fremden Welt. Besonders zieht ihn eine Gruppe junger Studenten in den Bann, mit denen er nicht nur Griechisch lernt, sondern auch ausgelassen feiert. Doch bald spürt er, dass unter der Oberfläche unerschütterlicher Freundschaft Spannungen lauern und dass ein furchtbares Geheimnis seine Freunde belastet – ein Geheimnis, das auch ihn mehr und mehr in seinen dunklen, mörderischen Sog zieht.

Die Handlung kurz erklärt

 

Richard wechselt auf die Hampden Universität um englische Literatur zu studieren. Als er jedoch von dem höchst exklusiven Studiengang Griechisch hört, unterrichtet von Julian Morrow, ist er gleich Feuer und Flamme und möchte dabei sein. Julian unterrichtet immer nur fünf Studenten gleichzeitig und erteilt Richard deswegen eine Absage. Also kann Richard die auserkorenen Fünf erstmal nur aus der Ferne anschmachten und sich wünschen, ein Teil davon zu sein.

Über Umwege wechselt er dann doch zu Julian und wird in die Gruppe integriert. Er merkt jedoch, dass sich die Fünfe komisch verhalten und dieses Verhalten nimmt nur weiter zu.

Denn es gibt Geheimnisse unter den Fünfen, die nie an die Öffentlichkeit gelangen sollten doch Richard ist auf dem besten Weg, in all diese Probleme mit hineingezogen zu werden und bis zum Schluss alle Konsequenzen mitzutragen.

 

Meine Eindrücke

 

Uff, dieses Buch ist für mich wirklich schwer zu rezensieren. Ich mag Dark Academia sehr gerne und “Die geheime Geschichte” ist eines der Bücher, die in diesem Genre/dieser Ästhetik als erstes genannt werden. Früher oder später musste ich es also lesen und ich hab bereits befürchtet, dass es kein Vergnügen sein wird.

 

“Die geheime Geschichte” erschien anscheinend 1993, dementsprechend spielt das Buch auch in einer Zeit in der es Luxus wie Handys noch nicht gab. Und man merkt dem Buch stilistisch und wahrscheinlich auch vom Pacing her an, dass es bereits ein paar Jahre auf dem Buckel hat.

Und ich hab meistens Probleme mit “alten” Büchern, weil ich sie stilistisch für mich einfach super schwierig finde. Der Stil und die Art des Erzählens war auch ein großes Problem des Buchs für mich. Während die Dialoge meisten gut waren, waren die inneren Monologe einfach … langweilig. Langatmig. Vor allem wenn dann einfach Situationen nacherzählt werden oder der Protagonist sich darin verliert, über irrelevantes nachzudenken. Wie Schuhe oder wie Hampden in welcher Jahreszeit aussieht. Donna Tarrt schafft Sätze, die für sich betrachtet wunderschön sind aber … mehr sind sie auch nicht. Es verliert sich sehr in einer poetischen Art, vielleicht auch etwas Philosophie und referenziert auf irgendwelche klassischen Werke und packt Wörter oder Zitate aus anderen Sprachen ins Buch, die die wenigsten ohne Wörterbuch verstehen werden. Ich war irgendwann einfach nur noch genervt von der Art, wie dieses Buch erzählt wurde. Die Dialoge waren dynamisch, spannend und einfach unterhaltsam. Der Rest? Eher nicht so.

 

Das ist aber auch nur die Spitze des Eisbergs. Wenn wir uns das Pacing des Buchs anschauen, erfahren wir direkt am Anfang, dass jemand stirbt und auch wer. Danach springen wir zurück ganz zum Anfang und tauchen ein in Richards Leben. Er ist arm, studiert trotzdem irgendwie, fängt an mit Griechisch, wechselt dann zur Medizin und dann doch zur Englischer Literatur. Und dann wechselt er aus einer Laune heraus das College und geht nach Hampden, wo er zuerst Englische Literatur studiert, um dann doch auf Griechisch umzuschwenken. Und dann gibt einen Deep Dive wie die neue sechser Gruppe zusammenfindet, all die komischen Dinge die passieren etc. und viel zu viele Seiten in den Winterferien, in denen Richard erzählt, wie er fast erfriert. Danach wird das große Geheimnis aufgedeckt und es beginnt das Vorspiel zu dem Tod besagten Charakters. Es wird ausführlich beschrieben wie scheiße sich der Charakter benimmt, wie schlecht es allen geht deswegen und was sie dagegen tun sollen/können. Und dann kommt es endlich dazu und der Charakter, von dem wir von Anfang an wissen, dass er stirbt, stirbt endlich. Und jetzt sind wir erst bei der Hälfte des Buchs.

Was direkt danach folgt war sogar interessant, aber leider bekommt man als Leser nur die Hälfte mit, weil der Protagonist selbst nicht beteiligt ist. Und dann gab es einen Moment, der mir perfekt für ein Ende erschien – und dann hat man sich doch dazu entschlossen das Buch weiter hinauszuzögern und haarklein zu erzählen, wie der Verfall vonstatten geht. Bis zum Schluss konnte bei mir nie wieder ein Funken Spannung aufkommen, weil mich einfach nichts mehr interessiert hat. Ich wollte einfach nur noch durchkommen mit dem Buch und gut. Ja, das Ende hat nochmal nen netten Schocker, aber der gesamte Build Up war einfach nur fragwürdig.

Und das schlimmste – am Ende wurden noch nicht mal wirklich alle Fragen geklärt, aber hey, was auch immer.

 

Das Kernstück des Buchs sind die Charaktere. Mehr als die Hälfte des Buchs dreht sich um sie. Um ihre Handlungen, ihre Reaktionen, ihre Geheimnisse, ihr Verhalten. Aber was macht man mit einem Buch, dessen Cast einfach so nichtssagend ist? Während Henry und Bunny noch eine sehr interessante Charakterisierung erhalten und auch sehr viel Screentime bekommen, bleibt der Rest sehr flach. Charles? Keine Ahnung, was er für Charakterzüge hat, außer das, was einem am Ende ins Gesicht geklatscht wird. Camille? Oh sie ist hübsch und so gut wie jeder männlicher Charakter steht auf sie. Francis? Schwul. Thats it. Mehr kann ich nicht sagen.

Und da fangen wir noch gar nicht von Julian und anderen wiederkehrenden Charakteren an, die immer mal wieder durchs Bild springen, aber keinen bleibenden Eindruck hinterlassen.

 

Und dann gibt es noch einen schönen Punkt, über den ich rückblickend nur lachen kann. Der Drogenkonsum. Sei es Alkohol, Zigaretten, (verschreibungspflichtige) Medikamente, Koks, Gras, Meth – was auch immer das Herz begehrt. Am stärksten normalisiert sind natürlich Alkohol und Zigaretten. Die meisten Charaktere rauchen wie ein Loch und es gibt selten Szenen, wo nicht mindestens jemand angetrunken, betrunken oder gerade dabei ist, Alkohol zu trinken. Später werden dann auch noch Schmerz- und Schlaftabletten eingeworfen als wären es TicTacs und der Alkohol drauf darf natürlich auch nicht fehlen, wo kämen wir da denn hin?

Das lustige daran ist tatsächlich, dass im Buch zweimal die “Rauchen ist schädlich” Propaganda gefahren wird, aber der Rest? Völlig egal.

Achso, außer natürlich der Charakter tanzt unter Alkoholeinfluss aus der Reihe. DANN ist es natürlich ein Problem und “zu viel”. Aber irgendwie ist es auch wieder egal, denn anstatt das man den Alki zum Entzug "zwingt", bringt man ihm lieber ne Flasche Whiskey ins Krankenhaus. Weil kalter Entzug ist ja gefährlich und ich finde es einfach so skurril, dass das anscheinend das einzige Problem für die Leute in dieser Situation war.

 

Was man dem Buch vielleicht zu Gute halten muss, ist der Umgang mit Rassismus, Sexismus und Homophobie. Alle drei Checkboxen wurden im Buch abgehakt und man sieht zumindest den Ansatz, dass man versucht hat, diese Aussagen korrekt einzuordnen. Dadurch wird das Buch noch lange nicht unproblematisch oder progressiv, aber für die Zeit, in der das Buch entstanden ist, ist es doch irgendwie positiv.

Das gilt aber leider nicht für den Umgang mit psychischen Krankheiten.

 

Fazit

 

Ja, lange Rede kurzer Sinn: Ich bin Hin- und Hergerissen bei dem Buch. Einerseits bin ich froh, dass es jetzt vorbei ist, andererseits bin ich auch etwas traurig. Die Dialoge waren ja gut und gerade einige Charaktere fand ich interessant, aber im großen und ganzen … Zu viel Luft um Nichts. Ich habe das Buch auf englisch gelesen, 630 Seiten. Meiner Meinung nach hätte man das ganze auf 200 Seiten kürzen können, von mir aus 300, wenn man ein ausführliches Set up möchte. Aber diese ganze Schwafelei, die den Großteil des Buchs füllt, war einfach nicht nötig.