Der Vertraute
Luzia kann mit Worten und einer Melodie kleine Wunder bewirken und zieht damit die Aufmerksamkeit von Menschen auf sich, die Luzias Macht für ihren eigenen Vorteil nutzen wollen. Und solange Luzia selbst hohe Ziele hat – warum nicht mitspielen?
Buchinformationen
Author | Leigh Bardugo |
Übersetzer:in | Alexandra Jordan, Sara Riffel |
Verlag | Knaur |
Erscheinungstermin | 2024-05-02 |
ISBN | 978-3426284773 |
Original Titel | The Familiar |
Erschienen als | E-Book, Hardcover, Hörbuch |
Gelesen als | Hardcover |
Bewertung |
Klappentext
Spanien zu Beginn des Goldenen Zeitalters: In einem heruntergekommenen Haus in Madrid nutzt die junge Luzia Cotado einen Hauch von Magie, um die endlose Schufterei als Küchenmädchen zu überstehen. Doch als ihre intrigante Herrin entdeckt, dass ihre Dienerin ein Talent für kleine Wunder besitzt, verlangt sie, dass Luzia diese Gabe einsetzt, um die gesellschaftliche Stellung der Familie zu verbessern. Dieses Unterfangen nimmt eine gefährliche Wendung, als Antonio Pérez, der in Ungnade gefallene Sekretär des Königs, auf Luzia aufmerksam wird. Pérez schreckt vor nichts zurück, um die Gunst des Hofes zurückzuerlangen. Und der spanische Herrscher ist noch immer von der Niederlage seiner Armada erschüttert und sucht verzweifelt nach einem Vorteil im Krieg gegen Englands ketzerische Königin.
Luzia ist fest entschlossen, diese eine Chance auf ein besseres Leben zu ergreifen, und taucht ein in die Welt von Sehern, Alchemisten, Heiligen und Gaunern, in der die Grenzen zwischen Magie, Wissenschaft und Betrug schon bald verschwimmen. Um zu überleben, muss sie alles wagen – auch wenn das bedeutet, dass sie die Hilfe von Guillén Santangel in Anspruch nehmen muss, ihrem unsterblichen Vertrauten, dessen eigene Geheimnisse sich für beide als tödlich erweisen könnten.
Die Handlung kurz erklärt
Luzia ist ein Küchenmädchen in einer eher verarmten reichen Familie. Als ihre Vorgesetzte Valentina mitbekommt, dass Luzia kleine Haushaltwunder bewirken kann, wittert die ihre Chance: Sie lässt Luzia beim Abendessen vor ihren Gästen Tricks aufführen.
Trotz Warnungen und Gerüchten macht Luzia damit weiter, bis die falschen Leute auf sie aufmerksam werden. Schneller als es ihr lieb ist, nimmt sich Víctor de Paredes ihrer an. Er plant sie in das Turnier von Antonio Pérez zu schicken, mit dem Pérez versucht, sich die Gunst des Königs zurückzuholen, während Víctor auf sozialen Aufstieg aus ist.
Doch Luzia ist ein Rohdiamant und Víctor hat einen besonderen Vertrauten, der ihm jederzeit Glück bringt und nun Luzia ausbilden soll: Guillén Santángel.
Luzia wird hineingezogen in eine Welt, die so gefährlich wie prächtig ist. Zusätzlich schwebt die spanische Inquisition als Damoklesschwert über ihr, denn noch ist unklar, ob Luzias Magie von Gott oder dem Teufel gegeben ist. Ganz davon abgesehen, was passiert, wenn Luzias jüdischer Herkunft entdeckt wird …
Meine Eindrücke
Historische Bücher sind nur super selten mein Beuteschema und “Der Vertraute” spielt weder in einem Land noch in einer Zeit, die ich interessant finde. Das Cover fand ich auch eher abschreckend und doch sind wir nun hier. Irgendwie kann ich bei Leigh Bardugo mittlerweile nur noch schwer nein sagen …
Der Start in das Buch ist eher langsam und vielleicht auch etwas verwirrend. Gerade wenn man sich mit Zeitepoche, Spanien und Madrid nicht so gut auskennt, ist man teilweise doch etwas überfordert und wird auch sehr wenig an die Hand genommen. Das ist etwas, woran ich mich persönlich erstmal gewöhnen musste.
Ich fand es von Anfang an sehr schwer, das Buch, seine Handlung und seine Charaktere einzuschätzen. Im Endeffekt ist “Der Vertraute” eine Geschichte über Macht und Ansehen. Wie viel kannst du erreichen? Wann ist es genug für dich? Was musst du dafür opfern? In wessen Hände musst du dich dafür begeben und schlussendlich auch: Was sind die Konsequenzen? Wann ist es zu viel, wann läuft die Sache aus dem Ruder?
Und dieses Thema bildet sich in allen Charakteren ab und zeigt verschiedene Arten und Facetten von Macht und wie man an diese kommt. Und das macht dieses Buch wirklich gut.
Obwohl immer wieder etwas passiert, wirkt das Pacing durch den Schreibstil eher langsam und wird gegen Ende dann sogar noch mehr gebremst. Gerade die letzten Kapitel haben sich angefühlt, als würde man die Sache einfach nur hinauszögern wollen und das hat dem Buch viel an Dynamik gekostet. Man muss den Bogen spannen, allen Charakteren ein passendes Ende verpassen und verliert sich dabei in einem langen Epilog, der keine wirkliche Spannungskurve hatte.
Allgemein haben mich die letzten Seiten in eine kleine Krise gestürzt. Es fehlt irgendwie an einer, oder vielleicht auch zwei, essentiellen Erklärungen dafür. Und ich frage mich einfach: Wurde das vergessen? Habe ich was übersehen? Falsch verstanden? Oder nimmt sich das Buch hier absichtlich Interpretationsspielraum raus? Ich habe es nur selten mit Büchern, die so enden, dass man quasi dazu gezwungen ist, im Nachgang selbst sehr viel darüber nachzudenken. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass sich mein Kopf das sehr gerne tun wird.
“Der Vertraute” ist für Leigh Bardugo ein persönliches Werk und greift dabei lose auch die Geschichte ihrer eigenen Familie auf. Das Judentum und all das, was sie unter der spanischen Inquisition durchmachen mussten, ist hier ein zentraler Punkt und gleichzeitig nur ein Nebenschauplatz.
Ja, es ist gerade für Luzia ein wichtiger Punkt. Ihre Herkunft alleine bringt sie ins Visier der Inquisition, dafür bräuchte es eigentlich keine Magie. Aber die beherrscht Luzia natürlich auch und dann scheint diese auch noch mit dem Judentum verknüpft zu sein. Sätze, zusammengesetzt aus Wörtern verschiedener Sprachen, eine gesummte Melodie und zack, ist das verbrannte Brot auf einmal perfekt goldbraun.
Das sind alles Punkte über Luzias Herkunft, aber sie sagen nichts über Luzias Identität aus. Wer ist sie? Was will sie wirklich? Kann sie sich damit identifizieren? Und ich fand, dass Leigh Bardugo diesen Aspekt sehr gut gehandled hat. Es hat thematisiert, dass “Jude sein” nicht nur eine Religion ist, sondern sehr viel mehr. Egal ob man das möchte oder nicht, man bekommt diesen Stempel aufgedrückt, sobald du die “falschen” Vorfahren hast. Du kannst der vorbildlichste Christ sein, es hat keine Bedeutung.
Positiv fand ichs auch, dass zumindest Muslime auch eine Randbemerkung wert waren, dass es nicht nur Juden traf. Auch, dass man Kritik am Kolonialismus beziehungsweise dem Raub von verschiedenen Schätzen einstreut, ohne es wirklich zu thematisieren. Es sind nur kleine Bemerkungen, die trotzdem eine Einordnung ermöglichen.
Mein historisches Wissen ist nicht wirklich umfangreich, gerade auch was Spanien und die Zeit betrifft, in der das Buch spielt. Ich kann demnach nicht beurteilen, wie die Darstellung der spanischen Inquisition im Vergleich zu den historischen Quellen ist. Ob Opfer weggelassen wurden, andere betroffene Religionen/Ethnien/Völker nicht erwähnt wurden etc.
Fazit
Ich war mir zwischendurch immer mal wieder sehr unsicher, wie ich zu “Der Vertraute” stehen soll. Gerade der namensgebende Vertraute hat mich doch einige Zeit verwirrt, aber im Endeffekt habe ich das Buch sehr genossen. Ich mochte Bardugos Schreibstil, der sich nochmal einen Ticken runder und erwachsener anfühlt und auch wenn große Action irgendwie ausbleibt und man manchmal das Gefühl hat, es bewege sich nichts, war ich an die Seiten gefesselt.
Ich kann das Buch Fans von Leigh Bardugo und/oder historischer Fantasy auf jeden Fall empfehlen.