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Der letzte Winter der ersten Stadt

Veröffentlicht am 12/06/2023

"Der letzte Winter der ersten Stadt" lässt sich ganz einfach in zwei Worte zusammenfassen: Goddamnit Krai.

Der letzte Winter der ersten Stadt

Buchinformationen

AuthorRafaela Creydt
VerlagIn Farbe und Bunt
Erscheinungstermin2018-11-15
ISBN978-3959361149
Erschienen alsE-Book, Taschenbuch
Gelesen alsE-Book
Bewertung

Klappentext

»Ein Fafa hat kein zuhause. Er hat einen Beutel an der Hüfte und er hat seine Ketten. Er hat keine Wohnung, er hat die Welt. Zu einem Fafa sprechen die Geister. Alle, die er in seine Ketten binden könnte.«

Im Gefolge seiner Königin muss der Heiler, Koch und falsche Geisterseher Krai zum ersten Mal die Heimat verlassen. Gegen seinen Willen wird er am Hof der Ersten Stadt Teil des Intrigenspiels um das Erbe des scheinbar schwachen Kaisers. Ausgerechnet dessen unverschämte Kalligraphin Neschka zeigt Krai, dass die Welt nicht so einfach ist, wie er sie gern hätte.

Doch dann erkrankt die Königin und Krai wird klar, dass er über Leichen gehen würde, um sie zu retten … aber was, wenn das nicht reicht?

Meine Eindrücke

Die Charaktere

 

Krai, Neschka, Raan...mein armer kleiner Raan. Und Rial. Die Charaktere dieses Buchs sind Diamanten. Manche roh, manche geschliffen. Jeder von ihnen ist einzigartig und hat eine Geschichte zu erzählen. Natürlich bleiben manche Statisten Statisten - aber es gibt so viele Nebenfiguren die so liebevoll ausgearbeitet sind...Es ist einfach schön. Atai fühlt sich lebendig an. Selbst mit so einem Kaiser, der immer auf Distanz bleibt, aus dem man nicht schlau wird. Genauso wenig wie aus den Wanderwurzeln. Trotzdem macht es Spaß zu lesen. Von Krai, der jedes Fettnäpfchen mitnimmt, von Neschka, die das alles gar nicht will. Von Raan, der in eine Rolle gezwängt wird, die er meisterhaft zu spielen weiß...Und Rial, die ich manchmal gerne persönlich umgebracht hätte. (Genau wie die meisten anderen Charaktere in diesem Buch...hups.) Zumindest alle mal kräftig mit dem Kopf auf den Tisch hauen sollte drinnen sein, oder? Bitte?

Wir haben bei den Charakteren Extreme und Mittelwege. Anstrengende Persönlichkeiten und gute Freunde, die manchmal doch sehr…”kann man machen, muss man aber nicht” sind. Vielschichtig ist hier noch eine Untertreibung.

 

Die Welt

 

Ein Naturvolk und ein Bürokraten-Volk. Was kann da schon schief gehen? Alles. Während man mit Krai Atai und die Gebräuche der Tagoren erkundet und durch Neschka nochmal einen tieferen Einblick erhascht, kriegt man wirklich die geballte Ladung Kulturschock ab. Von allen Seiten. So. Viel. Detailverliebtheit. So viel zu sehen! Und so wenig Zeit. Atai klingt nach einem schönen, aber speziellen Ort. Und dann ist da Efon. Die Geister, die Religion und ein magisches Volk. Die Wunderwurzeln! Es gibt so viel zu erzählen und so viel zu entdecken. So viel wurde in dieser Geschichte verflochten und das auf so natürliche und passende Weise.

Ich liebe es, wie sprachliche Barrieren im Text dargestellt werden, ohne, dass man als Leser verwirrt oder genervt zurück bleibt. Man vergisst manchmal schnell, dass Neschka und Krai andere Muttersprachen sprechen, doch durch Details wird darauf immer wieder hingewiesen und sei es nur, weil beide unterschiedlich fluchen.

 

Die Handlung

 

Gut, wie fasst man die Handlung am besten zusammen? “Krai baut Scheiße”? Ja, das passt.

Die Geschichte lebt sehr stark von dem aufeinanderprallen von zwei so unterschiedlichen Kulturen. Die ganzen Konflikte die dadurch entstehen und meine Unentschlossenheit, auf wessen Seite ich denn jetzt stehen soll. Ich verstehe Krai, er tut mir Leid, er kann ja nichts dafür. Und dann Neschka, die ja eigentlich recht hat und...huff. Und Krai, der einfach nur Scheiße baut, ernsthaft jetzt. Die Charaktere lassen für den Leser immer offen, ob das jetzt gut oder schlecht war. Richtig oder falsch. Man muss seine Moral selbst bemühen, denn man bekommt niemals nur eine Seite dargestellt.

 

Jedenfalls - Krais Königin wird krank und keine seiner Ideen hilft. Er greift zu sehr unkonventionellen Mitteln und trifft schwierige Entscheidungen. Doch der Königin geht es immer schlechter und irgendwann ist Krai so weit gegangen, dass kein Weg mehr zurück führt.

Dabei entwickelt sich eine Romanze mit Neschka die unglaublich toll ist. Nicht, weil die beiden so gut zusammen passen, sondern weil sie sich so echt anfühlt. Sie haben Ecken und Kanten und verletzen sich, machen Fehler. Eigentlich wird ihre Beziehung irgendwann sogar recht ungesund und ich bin sehr froh, dass das so deutlich wird. Es ist keine romantisierte Darstellung einer Beziehung sondern von zwei erwachsenen Menschen, die nunmal nicht perfekt sind. Nicht perfekte Entscheidungen treffen und auch nicht perfekt zueinander passen. Ecken und Kanten eben.

 

Darüber hinaus findet sich unter der Oberfläche so viel mehr. Trotzdem fiel es mir immer schwerer weiterzulesen. Da ist einfach dieser Nervenkitzel, wenn man weiß, es geht schief. Es fliegt auf. Es gibt Konsequenzen und man will einfach nicht weiterlesen. Man will den Knall nicht hören. Dabei fesselt diese Geschichte aber so dermaßen, dass man nicht einfach aufhören und heile Welt spielen kann.

 

Fazit

 

Diese Geschichte ist schon was besonderes. Da ist eine ungesunde Romanze, Rebellion, Bürokratie, Verzweiflung, Hass, Kulturschock, Mord, Ablehnung, Zerrissenheit, Loyalität, Verrat...und darunter eine miese Intrige. Und am Ende liegt alles in Trümmern.

Und Raan. Mehr Liebe für Raan!

Jeder, der jetzt noch nicht freiwillig zum Buch greift, wird von mir eben dazu gezwungen. So.