HOME > rezensionen > der letzte held von sunder city
Fetch Phillips

Der letzte Held von Sunder City

Veröffentlicht am 15/07/2022

“Der letzte Held von Sunder City” war ein Buch, das ich noch vor der Hälfte eigentlich abbrechen wollte. Ich habe es jedoch zu Ende gelesen und es beschäftigt mich jetzt doch etwas länger als es sollte.

Der letzte Held von Sunder City

Buchinformationen

AuthorLuke Arnold
Übersetzer:inChristoph Hardebusch
Bandnummer1
VerlagKnaur
Erscheinungstermin2020-10-01
ISBN978-3426526163
Original TitelThe Last Smile in Sunder City
Erschienen alsE-Book, Taschenbuch
Gelesen alsE-Book
Bewertung

Klappentext

Eine Fantasy-Welt, die ihrer Magie beraubt wurde.
Ein Privatdetektiv, der unsagbare Schuld auf sich geladen hat.
Willkommen in Sunder City – wo Drachen vom Himmel fallen und Magier nicht mehr zaubern können!

Niemand in Sunder City kann sich das Verschwinden von Professor Rye erklären, der 400 Jahre alte Vampir hat ein Herz aus Gold und wird nicht nur von seinen Schülern geliebt. Doch seit die Magie die Welt verlassen hat, ist in Sunder City nichts mehr so, wie es war: Drachen fallen vom Himmel, Sirenen werden von ihren Männern verlassen und Elfen schlagartig von den Jahrhunderten ihres Lebens eingeholt.
Wenn irgendjemand Professor Rye helfen kann, dann der Privatdetektiv Fetch Phillips, der sich tagtäglich für die nun hilflosen magischen Geschöpfe einsetzt. Was keiner seiner Klienten ahnt: Es ist Fetchs Schuld, dass die Magie verschwunden ist …

Meine Eindrücke

Der Protagonist - Fetch Philips

Fetch ist der typische, sarkastische Detektiv, der in so vielen Krimiserien die Hauptrolle spielen darf. Er ertrinkt in Selbsthass, Schuld, Alkohol und Schmerzmitteln. Will das Richtige tun, auch wenn er glaubt, dass er dazu nicht fähig ist. Seine Persönlichkeit ist vertraut und wenn man etwas mit Krimis in Kontakt kam, dann weiß man, was von so jemandem zu erwarten ist.

Nun, zu Anfang wirkt es beinahe banal. Er ist ein Mensch unter nicht-mehr-magischen-Wesen der seine Art und sich hasst. Die Tätowierungen an seinem Arm zeichnen ihn als Mitglied der Armee aus, die Schuld daran ist, dass die Magie starb. Es wirkte sehr nach erzwungener Schuld, Schuld die er von anderen übernahm, einfach, weil er ein Mensch ist. Aber so ist es dann doch nicht ganz, aber dafür musste man erst tiefer in seine Vergangenheit tauchen. Und selbst dann brauchte ich etwas, bis ich das volle Ausmaß verstanden habe.

Auf seiner endlosen Suche nach Anerkennung und Zugehörigkeit musste er viel einstecken. Er hat viele Fehler begangen und büßt jetzt dafür. Denn der naive, dumme Junge höchstpersönlich ist wirklich an allem Schuld.

Fetch ist ein Charakter, den ich nur schwer beschreiben kann. Wie bei den Detektiven aus den Krimiserien steckt mehr unter der Oberfläche als man auf den ersten Blick sieht. Er hat eigene Regeln, eigene Prioritäten und manchmal auch eine eigene Moral. Er kann sich emotional in Dinge hinein steigern, ist aber auf der anderen Seite so gefühlskalt und empathielos. Fetch schert sich nicht um viel aber wenn ihm etwas wichtig ist, dann Amari - und für sie tut er wirklich alles. Die Leute, die ihm helfen und die ihm mehr als einmal die Hand reichen, enttäuscht er immer wieder. Mit Worten. Mit Taten. Und trotzdem macht er weiter.

Irgendwann gegen Ende denkt Fetch, dass er zu Beginn des Buchs ein besserer Mensch war als jetzt. Dem kann ich zustimmen, aber dann auch wieder nicht. Es bewegt sich etwas in ihm, auch wenn er das selbst wahrscheinlich nicht wahr haben will.

Die Statisten

Hm, ja, die anderen Charaktere, aus denen werde ich teilweise nicht ganz schlau. Man trifft einige, die Fetch mehr oder weniger in seinem täglichen Leben begleiten. Persönlichkeiten, mit denen er es sich bereits verscherzt hat. Und dann Bekanntschaften und vielleicht sogar ehemalige Freunde aus seiner Vergangenheit. Und gerade letztere hätten wirklich allen Grund ihn zu hassen, ihn davon zu jagen...aber die meisten scheinen ihm eher neutral gegenüber zu stehen, helfen ihm sogar. Zusammen wird getrunken und geredet, als wäre all der Mist der Vergangenheit nicht passiert.

Es wirkt ein bisschen künstlich, gestellt. Fetch bringt sie alle mit ihrer Neugier zum reden, zum rätseln. Alles, um ihm zu helfen. Ich weiß nicht ganz, warum alle so aufgestellt sind.

Die Handlung(en)

Fetch bekommt die Aufgabe, einen vermissten Vampir zu suchen. Dabei stolpert er über Aschehaufen und Gelee, ein vermisstes Kind und rückt Vergangenheit und Gegenwart der Vampire auf die Pelle.

Dazwischen lernt man viele Gestalten kennen. Magische Wesen, die nun ohne Magie leben müssen, mit allen Konsequenzen. Gerade zu den alten Bekannten hat Fetch immer etwas Backstory parat, eigene, kleine Geschichten, die diese Charaktere doch spannend machen.

Aber nicht nur das, man lernt auch viel von der Vergangenheit von Sunder City. Den Anfängen, dem dazwischen und dem Jetzt-Stand. Auch diese kleinen Geschichten können das Buch spannend machen, was bei mir nicht der Fall war, aber dazu später mehr.

Und nochmal dazwischen lernt man von Fetch Vergangenheit. Seinen Fehlern, seinen Anfängen und seinem Untergang. Er erzählt es rückblickend wie in einer Autobiografie von den Geschehnissen von vor x Jahren. Als die Welt noch bunt und voller Leben war.

Ganz ehrlich, ich hätte lieber ein Buch darüber gehabt. Oder einen ganzen, zweiten Zeitstrang. Zwar hat diese etwas sarkastische und traurige Erzählung von Fetch auch etwas, aber mich würde diese Geschichte wirklich, wirklich in lang und ausführlich interessieren.

Wieder dazwischen (ja, ich weiß…) kommen noch ein paar Mini-Dramen, Stichwort Amari, Flut, Pete...

Diese kleinen, unvorhergesehenen Vorkommnisse, die nur wenig zum Plot beitragen, aber einfach das Gefühl erwecken, als wäre diese Geschichte wirklich aus Fetch Alltag heraus entstanden. Ein normaler Tag als Mann für Alles.

Gegen Ende fällt dann alles ineinander. Langsam, aber stetig. Rückblickend macht immer mehr Sinn, passt zusammen. Es dauert, aber es wird!

Und weil Fetch sich noch immer Fehler erlaubt und Menschen enttäuscht, kommen natürlich auch noch haufenweise Konsequenzen auf ihn zu.

 

Der Schreibstil

...war der Grund, warum ich dieses Buch eigentlich abbrechen wollte. Diese detailverliebtheit in unwichtige Kleinigkeiten. In die Vergangenheit und Sunder City. Es war so ausschweifend und anstrengend, die Handlung kam dadurch so gut wie gar nicht in Gang.

Aber! Ich habe erst jetzt am Ende verstanden, dass das in Ordnung ist. Es ist Fetch Erzählstimme, es passt wie die Faust aufs Auge zu ihm. Er hängt noch immer so sehr an und in der Vergangenheit, es ist nur natürlich, dass er dem Leser soviel Infodump gibt.

Ja, es ist anstrengend, vor allem der Anfang, danach wird es besser, versprochen! Aber mittlerweile sehe ich das recht positiv, weil es dazu beiträgt, Fetch Charakter auszubauen.

Fazit

Buh, ja, was jetzt? Mochte ich dieses Buch oder nicht? Schwierig. Ich fand es recht interessant und es werden auch sehr viele Themen angeschnitten, die zum nachdenken anregen. Es ist nicht immer alles so, wie man auf den ersten Blick vermutet und manchmal auch nicht auf den zweiten Blick. Es braucht ein bisschen mehr.

Dazu kommt eine wirklich interessante Welt, von der ich gerne mehr erfahren hätte. Trotz dem vielen Infodump bleibt Sunder City für mich blass. Dreckig, aber blass.

Die Idee einer Welt, der die Magie geraubt wurde, finde ich nach wie vor unglaublich spannend. Was passiert mit den Magiern? Mit den Trollen und Drachen? So viele Fragen und so viele Charaktere, denen man begegnet und die sich in dieser neuen, kaputten Welt zurecht finden müssen.

Ich weiß gar nicht, wem ich dieses Buch empfehlen sollte. Wahrscheinlich Lesern von ungewöhnlichen Geschichten mit bekannten Mustern, die sich aus ausufernden Erklärungen nicht stören.